Meine Rezension zu Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung
Mein erstes Sachbuch des Jahres ist bald schon zehn Jahre alt und stammt aus der Feder von Ulrike Herrmann. Der volle Titel lautet Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie oder Was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können. Nachdem ich es monatelang vergeblich versucht habe, über Audible zu bekommen (dort war es zwar auf meiner Merkliste, aber nicht mehr verfügbar), habe ich es endlich selbst gelesen und bin nachhaltig beeindruckt.
Als Redakteurin der taz hat sich Frau Herrmann ebenso einen Namen gemacht, wie in Talkshows. In ihrem Werk von 2016 führt sie den interessierten Leser einmal durch die großen Theoretiker der Wirtschaftswissenschaften, von Adam Smith über Marx und Keynes kommen wir auch an Milton Friedman und Ludwig Erhard vorbei. Die Namen waren mir schon oft begegnet, allerdings fehlten mir fundierte Hintergründe, die das Buch absolut liefert.
Fairerweise muss man sagen, dass Frau Herrmann ziemliche klare Meinungen und Einschätzungen in ihrem Buch teilt. Dabei stößt sie bei mir auf absolut offene Ohren, bin ich doch seit langem ein Verfechter der These, dass die Wirtschaftswissenschaften keine Wissenschaft sind. Dank ihrer Ausführungen weiß ich jetzt jedoch, dass vor allem die Neoklassiker bzw. die Neoliberalen mir ein Dorn im Auge sind. Die Idee, sämtliche Wirtschaftszusammenhänge - die eigentlich soziale Zusammenhänge in einer wilden Mischung aus Tausch, Konvention, Religion und Kultur sind - als Spielarten eines Kartoffelmarktes zu erklären, ist wahrlich gewagt.
Kann der einzelne Kaufmann wohl noch pleite gehen, wird kaum ein Staat von der Bildfläche verschwinden, nur weil Märkte gesättigt sind. Die Mikroökonomie als Prototyp der Makroökonomie erscheint mir als Nicht-Wirtschaftler absolut abwegig.
So spannend Smith, Marx und Engels auch sind, wirklich Nachklang findet Herrmanns Darstellung von Keynes Gedanken bei mir. Kapitalismus hatte bei mir immer einen sehr negativen Beigeschmack, doch kann ich dem konservativen Kapitalisten Keynes in seinen (vermittelten) Ausführungen gut folgen und zustimmen. Nur leider weiß ich am Ende des Buches auch nicht, wie eigentlich Preise am Markt zustanden kommen. Vielleicht habe ich das auch nur knapp überlesen.
In jedem Fall kann ich das Buch nur wärmstens all jenen empfehlen, die etwas mehr Einsicht in Volkswirtschaftslehren und Finanzmarkttheorien haben möchten. Kurzweilig zu lesen, deutlich linker Einschlag, gerade richtig um etwas plakativ aber immer sympathisch die vermeintlich komplexe Welt der Ökonomie in meinem Kopf zu sortieren.